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Berlin 1931: Im Theater lauert der Tod

„Caporetto. Das Hemingway-Komplott“  ist ein Roman, der in Berlin, Paris, Miami und in Ostafrika spielt. Es geht um Verrat, Politik, Tod und Liebe. Alles kreist um Ernest Hemingway, der von Paris nach Berlin gereist ist, um die Premiere seines Theaterstücks im Deutschen Theater zu feiern …

Ernest und Pauline Hemingway (Paris, ca 1929)

„Als Hem und Frank ihre Sachen ins Auto gepackt hatten, kam eine aparte, elegante junge Frau auf sie zu. Es war Pauline, Hemingways Frau. „Passen Sie gut auf Papa auf“, sagte sie zu Frank…“

Im Chaos der untergehenden der Weimarer Republik gerät der junge Autor Ernest Hemingway ins Visier rechtsextremer Verschwörer.Ihr Planist es,Deutschland mit einer beispiellosen Terrorwelle zu überziehen und die wackelnde Regierung durch einen Putsch zu stürzen. Auftakt soll die Ermordung eines prominenten Schriftstellers sein: Hemingway.

Hemingway (19 J.) in Mailand (1918), nach der Schlacht bei Caporetto

Der Codename des Komplottslautet Caporetto. 1917 hatte Hemingway dort an der italienischen Front am Isonzo gekämpft und über das Grauen der Schlacht in seinem Roman „In einem anderen Land“ berichtet. Für die ultrarechten Feinde der jungen Demokratie ist es ein defätistisches, verlogenes Pamphlet, das auf den Scheiterhaufen gehört.

Als der Reporter Frank Hartung den Verschwörern auf die Spur kommt, wird er selbst zur Zielscheibe. Eine dramatische Flucht, die ihn über Paris nach Miami führt, nimmt ihren Anfang. In Miami fühlen Frank und seine Freundin Paula sich sicher – bis eines Morgens ein seltsamer Besucher auftaucht … Soviel zum Inhalt des Romans.

Das Rätsel um den Besuch Hemingways in Berlin

Hemingway war tatsächlich am 1. September 1931 in Berlin, um die Aufführung von „Kat“, der Theaterfassung seines Bestsellers „In einem anderen Land“, mitzuerleben.

So jedenfalls ist es den Memoiren von Carl Zuckmayer zu entnehmen, der den Stoff für die Bühne bearbeitet hatte. Hemingway, schreibt Zuckmayer, sei am Premierenabend betrunken gewesen, habe in der Pause die Hauptdarstellerin Käthe Dorsch angepöbelt und „versoff den Rest der Nacht an der Bar im Eden Hotel“, bevor er wieder nach Paris zurückgefahren sei.

Eden Hotel, ca. 1930

„Frank wartete in der Halle des Eden auf Hemingway, In der Bar setzten sie sich an den Tresen und beobachteten bei einer Flasche Champagner die Gäste. Es war schon spät, als ein Engel in Weiß die Bar betrat – Marlene Dietrich …“

Das von Zuckmayer beobachtete rüde Verhalten Hemingways am Berliner Premierenabend scheint mir allerdings angesichts der noch jungen Karriere des Autors etwas übertrieben dargestellt zu sein. Hemingway genoss zwar in dieser Zeit seine Popularität, aber erst in den späteren Jahren, geprägt von Schreibblockaden, Trunksucht und Depressionen, glaubte Hemingway, sich durch provozierende Auftritte als „bad guy“ in Szene setzen zu müssen.

Gustav Fröhlich, der die männliche Hauptrolle in „Kat“ gespielt hatte, erinnert sich in seiner Autobiografie von 1988 anders: Hemingway sei erst zu einer späteren Aufführung extra aus Kuba nach Berlin gekommen und habe sich tadellos verhalten.

Widersprüchliche Angaben. Wer hat recht?

Welche Version stimmt, habe ich nicht herausfinden können.

Hemingway war ein reisefreudiger Mensch. Aber hätte er wirklich die Mühe einer Reise von Havanna nach Berlin auf sich genommen, um bei einer normalen Aufführung „seines“ Stücks anwesend zu sein? Ich habe da meine Zweifel.

Hatte Hemingway einen Doppelgänger?

In der Hemingway-Biografie von Michael Reynolds (New York/London 1997) stieß ich dann auf eine Passage, die das Ganze noch mysteriöser macht:

Hemingway habe im August 1931 über einen unbekannten Betrüger geklagt, der ihm auffallend ähnlich sehe, sich in New York als Hemingway ausgebe, von Kriegsabenteuern in Italien schwadroniere, Geld schnorre und der sogar seine Unterschrift fälschen würde. Dieser Mann (in Reynolds’ englischem Original „Ernest’s doppelganger“) sei auch in Paris aufgetaucht. Damit wären wir bei einer dritten Version: Es könnte dieser Hochstapler gewesen sein, der in Berlin die Theaterbesucher und Zuckmayer genarrt hatte. Durchaus denkbar, doch diese Erklärung klingt mir zu bizarr, um wahr zu sein.

Ich halte Zuckmayers Bericht für glaubhaft, zumal H. M. Ledig-Rowohlt, der Sohn des Hemingway-Verlegers Ernst Rowohlt, 1961 bestätigt hat, dass Hemingway bei der Premiere dabei gewesen sei und den Abend „nach dem ersten Akt in der Theaterbar verbracht“ habe.

Jockey-Bar, ca. 1930

„Kurz vor Mitternacht kam ein attraktives junges Paar in die Jockey-Bar. Frank kannte die beiden vom Kino, Gustav Fröhlich aus „Metropolis“ und seine Kollegin, die wunderschöne Käthe Dorsch. Die beiden spielten die Hauptrollen in Hemingways Drama ‚Kat’.“

Dass Hemingway bereits 1927 und 1928 die Americain Bar des Eden Hotels, das Sechstagerennen und die legendäre Jockey-Bar, die Schauspieler und Schriftsteller zu ihren Stammgästen zählte, besucht hatte, gilt als belegt. (Friedrich Hollaender, der die Musik zum „Blauen Engel“ komponiert hatte, saß hier oft am Klavier.)

Hemingway in Tanganyika, 1933/34

„Hemingway bestand darauf, Frank seine Jagdbeute zu zeigen. Sie gingen zu den Trucks, und er präsentierte ihm stolz ein riesiges spiralförmiges Kudu-Gehörn und einige andere Jagdtrophäen. Sein Gesicht glühte vor Stolz vermutlich auch vom Whisky…“

Der Autor

Horst Kleinert, promovierter Wirtschaftswissenschaftler, lebt als Autor in Berlin. Im Thurm-Verlag sind von ihm vier Bücher erschienen:

  • Strategisches Life-Management. Dem Leben Richtung geben
  • (2017)Traumreisen mit dem Luftschiff. Aufstieg, Fall und Rückkehr der Zeppeline (2017)
  • Als die Werber Charleston tanzten. Der Weltreklamekongress 1929 in Berlin (2018)
  • Mit der Tram in die Kolonien des Kaisers. Die Gewerbe- und Kolonialausstellung von 1896 in Berlin (2019)

Bildnachweis: 1, 4, 5 Wikimedia Commons (Public Domain), 6 Kleinert

Caporetto Roman Horst Kleinert

Horst Kleinert:
Caporetto. Das Hemingway Komplott
Thurm-Verlag, Lüneburg (2020)
Links zu Amazon:
Print ISBN 978-3-945216-32-3 (€ 12,80)
E-Book ISBN 978-3-945216-31-6 (€ 8,90)
www. thurm-verlag.de